Berlinale 2024

„In Liebe, Eure Hilde“: Liv Lisa Fries spielt sich die Seele aus dem Leib

„In Liebe, Eure Hilde“ ist Andreas Dresens neuer Film – sein fünfter, mit dem er im Berlinale-Wettbewerb vertreten ist. Es geht um eine Widerstandsgruppe im Nationalsozialismus, allen voran um deren Mitglied Hilde Coppi. Die wird verkörpert von „Babylon Berlin“-Star Liv Lisa Fries, und selbst in den kleinen Nebenrollen ist der Film ausgesprochen prominent besetzt. Hier lest ihr die Rezension von tipBerlin-Kritiker Martin Schwarz.

„In Liebe, Eure Hilde“ läuft im Berlinale-Wettbewerb 2024. Im Foto: Liv Lisa Fries und Johannes Hegemann. Foto: Frederic Batier/Pandora Film
„In Liebe, Eure Hilde“ läuft im Berlinale-Wettbewerb 2024. Im Foto: Liv Lisa Fries und Johannes Hegemann. Foto: Frederic Batier/Pandora Film

„In Liebe, Eure Hilde“: Zeitsprünge

Südlich des U-Bahnhofs Magdalenenstraße gibt es mehrere Straßenzüge, die nach Mitgliedern jener Widerstandsgruppe benannt sind, die von den Nazis als „Rote Kapelle“ bezeichnet wurde: Schulze-Boysen, Harnack, Guddorf – und Coppi. Nach Hans und Hilde Coppi ist hier auch ein Studentenwohnheim getauft. Und besonders um letztere geht es in „In Liebe, Eure Hilde“, dem neuen Film von Andreas Dresen. Er hat wieder einmal mit der Ausnahme-Drehbuchautorin Laila Stieler zusammengearbeitet.

Wobei die beiden wie schon bei „Gundermann“ munter in den Zeiten hin und herspringen: Während die Passagen im Gefängnis chronologisch erzählt werden, sind immer wieder Rückblicke über die Widerstandsarbeit eingeflochten, die aber sozusagen von hinten nach vorne erzählt werden – ganz am Ende lernen sich Hilde und Hans Coppi kennen.

Liv Lisa Fries spielt sich die Seele aus dem Leib

Da der schlimme Ausgang für die Widerständler bekannt ist, kann man das so erzählen, viel wichtiger sind Dresen und Stieler eine genaue Charakterisierung der Hauptfigur. Hilde Coppi war schwanger, als sie 1942 mit ihrem Mann verhaftet wurde. Sie brachte im Gefängnis ihren Sohn Hans zur Welt – er arbeitet bis heute als Historiker – und wurde erst einige Monate nach ihrem Mann hingerichtet. Und da spielt sich Liv Lisa Fries („Babylon Berlin“) in der Darstellung dieser eher zurückhaltenden, klugen, lebensbejahenden Frau nichts weniger als die Seele aus dem Leib und avanciert zu einer heißen Bärenkandidatin.

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„In Liebe, Eure Hilde“ ist alles andere als ein weiterer marktschreierischer Antinazifilm, sondern das konzentrierte Porträt ganz normaler junger Leute in einer unmenschlichen Zeit, die auch mal feiern und vögeln, die aber, wie es Dresen in der Pressekonferenz bezeichnet hat, „anständig“ bleiben wollten. Ihm ging es nach eigenem Bekunden auch darum, die in der DDR zu „Superhelden“ hochstilisierten Widerstandskämpfer von diesem Sockel herunterzuholen und in ihnen eben genau diese mutigen jungen Berliner zu sehen. Herumkrakeelende Nazis sucht man hier vergebens; der Film zeigt anhand von Verhörspezialisten, Gefängnispersonal und Juristen, dass auch leise Menschen sehr böse sein können.

„In Liebe, Eure Hilde“: Wenn Dresen ruft, sagen alle zu

Und wenn Andreas Dresen ruft, sagen alle zu. So sind selbst in kleinen Nebenrollen Prominente wie Fritzi Haberlandt, Florian Lukas oder Alexander Scheer zu sehen. Und in weiteren wichtigen Frauenrollen brillieren Emma Bading, Lena Urzendowsky und Lisa Wagner. Sie alle zusammen machen den Film zu einem für Dresen-Verhältnisse eher sperrigen, zugleich todtraurigen und Hoffnung machenden Ereignis. Auf die Frage, was ihn an dem Stoff am meisten interessiert hat, sagte Dresen: „die Menschlichkeit“.

  • In Liebe, Eure Hilde D 2024, 124 Min., R: Andreas Dresen, D: Liv Lisa Fries, Johannes Hegemann, Lisa Wagner u.a.

Bei der Berlinale 2024 spekulieren wir beim tipBerlin: Unser Bärometer ist die Chancen-Prognose für den Goldenen Bären. Im Fall von „In Liebe, Eure Hilde“ sagen wir: Andreas Dresens neuer Film ist mit 70 Prozent dabei. Gewonnen hat den Goldenen Bären dann am Ende der Dokumentarfilm „Dahomey“. Unsere Rezension zum Siegerfilm der Berlinale 2024.


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