1962 in Berlin: Wir befinden uns im ersten Jahr nach dem Mauerbau, und auf beiden Seiten der Grenze müssen sich die Menschen nun mit der neuen Situation arrangieren. Fluchtversuche gehören zum Alltag, genauso wie der Blick auf neue Grenzanlagen – die ersten Touristen werden davon bereits angelockt. Zudem wird im Osten ein neuer Flughafen eröffnet, und bei einem Staatsbesuch des polnischen Premierministers zelebriert die SED die sozialistische Verbundenheit beider Länder. Auch im Westen nutzen Politiker die einzigartige historische Situation der Teilung als Bühne: Der damalige US-Justizminister Robert Kennedy strahlt bei seinem Besuch, und auch Bundeskanzler Konrad Adenauer spricht zu den Berlinern und Berlinerinnen. Diese 12 Fotos zeigen, wie es 1962 um Berlin stand, im Jahr eins nach dem Mauerbau.
Vor der Gedächtniskirche
In der Nachkriegszeit wurden zahlreiche Architekturwettbewerbe für die Um- und Neugestaltung der Stadt ausgerufen und zogen teils heftige Kontroversen nach sich. So auch bei der Gedächtniskirche. Der Siegerentwurf des Architekten Egon Eiermann für einen Neubau sah zunächst einen Abriss des Turms vor. Nach immensen Protesten seitens der Berliner Bevölkerung fand man schließlich einen Kompromiss: Die Turmruine sollte als Mahnmal gegen den Krieg erhalten bleiben und von einem modernen Kirchengebäude samt Glockenturm und kleiner Kapelle umgeben werden. 1961 wurde die fertige Kirche eingeweiht.
Robert F. Kennedy in West-Berlin
Der Besuch des legendären US-Präsidenten John F. Kennedy im Juni 1963 in West-Berlin gehört zu den politischen Sternstunden der Mauerstadt. Regierender Bürgermeister von Berlin war damals Willy Brandt, der als Bundeskanzler schon bald selbst Geschichte schreiben sollte. Doch schon ein Jahr zuvor, im Februar 1962, empfing Brandt einen Kennedy in der geteilten Stadt: Den Bruder des amtierenden US-Präsidenten, US-Justizminister Robert F. Kennedy. Auch „Bobby“ wurde begeistert gefeiert, sprach während seines zweitägigen Aufenthalts jedoch keine geschichtsträchtigen Worte wie JFK.
Berlin 1962: Reisegruppe schaut über die Mauer
Im August 1961 ließ die DDR eine Grenzmauer um West-Berlin herum errichten. Eine Maßnahme, die zum Symbol des Kalten Kriegs wurde. Die streng bewachte Anlage sollte DDR-Bürger an der Flucht in die West-Sektoren hindern. Fast 200 Menschen starben bei dem Versuch, die Mauer dennoch zu überqueren. Während im Osten der „Antifaschistische Schutzwall“ für Angst und Schrecken sorgte, war die Mauer bereits 1962 für viele West-Berlin-Besucher ein sehenswertes Kuriosum.
Hansaviertel in Berlin
Zwischen Stadtbahnstrecke und Großem Tiergarten entstand ein visionäres Quartier, das in seiner Formsprache durch und durch modern ist. West-Berlins Absage an den Altbau fand seine Entsprechung im Osten: mit dem Großprojekt „Stalinallee“, das architektonische Gegenteil der modernen Mustersiedlung. Bis heute gilt das 1957 errichtete Hansaviertel als herausragendes Beispiel für Architektur und Städtebau der Nachkriegsmoderne.
Freiheit kennt keine Mauer
Der 1. Mai in Berlin hat eine mehr als wechselvolle Geschichte. Nach dem Krieg instrumentalisierte das von Moskau gesteuerte DDR-Regime auf Ost-Berliner Seite den Tag für Propagandazwecke. In den frühen 1950er-Jahren marschierten die Demonstrationen unter riesigen Porträts von Stalin und Pieck. Später feierte die sozialistische Jugend im Blauhemd und unter rotem Stern das internationale Proletariat. Im Jahr eins nach dem Mauerbau setzte man in West-Berlin ein Zeichen: Am Reichstagsgebäude wurde ein riesiger Schriftzug installiert: Freiheit kennt keine Mauer.
Aufbau Ost
Das Leben ging weiter, trotz der großen Politik, und beide Teile Berlins mussten zu funktionierenden Städten umfunktioniert werden. Hier fehlten Museen und eine Universität, dort ein Flughafen und ein Zoo. Das bedeutete: bauen, bauen, bauen. Straßen, Plätze und natürlich Häuser. Denn woran es drüben wie hüben fehlte, waren Wohnungen. Vor allem im Osten setzte sich der Plattenbau durch, aber auch in West-Berlin entstanden mit Großsiedlungen wie der Gropiusstadt und dem Märkischen Viertel die bis heute umstrittenen, aber stets funktionalen Wohnblocks.
Militärparade der Alliierten
Militärparaden gehören längst nicht mehr zum Berliner Stadtbild dazu. Wenn überhaupt, denkt man an pompöse Leistungsschauen mit Panzern und Raketen in Ost-Berlin, die vom SED-Regime und der NVA abgehalten wurden. Die Bonzen schauten sich gerne stramme Kerle in Uniformen und große Kanonen an. Aber auch in der Mauerstadt hielten die West-Alliierten Paraden zu Erinnerung an das Kriegsende und den Sieg über Nazi-Deutschland am „Tag der Alliierten Streitkräfte“ ab.
Sommer auf dem Parkplatz
Sommer in Berlin! Und im Wirtschaftswunderjahr 1962 gehört das Auto zum echten Familienglück. Das Foto zeigt West-Berliner Campingfreunde, die es sich gleich auf dem Parkplatz gemütlich machen. In den frühen 1960er-Jahren glaubte man noch, die Zukunft würde dem PKW gehören – und für eine ganze Weile stimmte das auch.
Deutsch-polnische Freundschaft
In Ost-Berlin galt Polen als sozialistischer Bruderstaat. Doch die vermeintliche Freundschaft war aufgezwungen und Teil der SED-Propaganda. Als 1962 der polnische Ministerpräsidenten Józef Cyrankiewicz Ost-Berlin besuchte, defilierten parteitreue Genossen mit Transparenten über die Straßen und beschworen die deutsch-polnische Freundschaft. In Wirklichkeit waren die Beziehungen zwischen den beiden Staaten eher kühl. Zu DDR-Zeiten lebten nicht viele polnische Bürger in Ost-Berlin. Auf der anderen Seite galt Polen, das zwar sozialistisch war, aber weniger strikt kontrolliert wurde, unter der Ost-Jugend als spannendes Land, in dem man etwas mehr am Duft der Freiheit schnuppern konnte als zuhause. Mehr über die gemeinsame Geschichte von Polen und Berlin lest ihr hier.
Take-off am Flughafen Tempelhof
Der Flughafen Tempelhof war in den 1960er-Jahren in West-Berlin der einzige zivile Flughafen, Tegel wurde erst 1974 eröffnet. In Tempelhof begann der Bau am monumentalen Flughafengebäude 1936 und ist bis heute eine der architektonischen Spuren der NS-Zeit. Anfangs war die Nutzung der Luftwaffe vorbehalten, nach dem Zweiten Weltkrieg donnerten die Rosinenbomber über die Landebahnen und versorgten das blockierte West-Berlin mit Gütern. Im August 1962 herrschte am THF normaler Betrieb. In Ost-Berlin fehlte aber ein richtiger Flughafen, so ließ man den Standort in Schönefeld ausbauen. Auch für die West-Berliner war der Zentralflughafen Berlin-Schönefeld interessant.
Die Abhöranlage auf dem Teufelsberg wird gebaut
Mit 120 Metern ist der Teufelsberg die höchste Erhebung im Westen der Stadt. Die optimale Lage nutzten die West-Alliierten und machten den Teufelsberg zum Spionagezentrum. Nach ersten erfolgsversprechenden Versuchen mit Antennenwagen wurde die mobile Installation durch die noch heute sichtbaren Gebäude der Abhöranlage „Field Station Berlin Teufelsberg“ abgelöst. Mit der Zeit entstanden fünf sogenannte Radome: Antennenkuppeln aus weißem Kunststoff, welche auf den ersten Blick an gigantische Golfbälle erinnern. Mehr über die Abhörstation auf dem Teufelsberg lest ihr hier.
Achtung Zonengrenze!
Wer 1962 im Grunewald oder im Tegeler Forst spazieren ging, traf nicht nur auf Wildschweine und Füchse, sondern auch auf solche Warnschilder. Hier im dichten Wald endete der freie Westen und der Ostblock begann. Ganz normale Zustände in Berlin, damals in den 1960er-Jahren.
Mehr Berlin-Geschichte
Wir blicken auch zurück aufs Jahr 1961 in Berlin – das Jahr des Mauerbaus. Auf den Spuren der Geschichte: Wir nehmen euch mit auf Mauerweg-Wanderungen. Ein aufregendes Jahrzehnt: Unser 1960er-Rückblick auf Berlin mit JFK und vielen Baustellen. Bis 1989 war die Stadt geteilt. Wir zeigen euch Bilder mit Mauer – und wie die Orte jetzt aussehen. Immer einen Besuch wert ist die Gedenkstätte Berliner Mauer – die Infos hier. Noch mehr Historisches findet ihr in unserer Geschichte-Rubrik.