Der australische Horrorfilm „Talk to Me“ behandelt Geisterbeschwörung in Zeiten von Instagram und Innenkamera. Der Moment der Besessenheit als Livevideo oder Selfie? Das Debüt der Zwillingsbrüder Danny und Michael Philippou hat es in sich. tipBerlin-Kritiker Frank Arnold hat sich den Teenhorrorfilm angeschaut.
„Talk to Me“: Geisterbeschwörung und Smartphonesucht
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Das fängt schon mal gut an. Die Kamera folgt einem Mann, der zügigen Schrittes ein Grundstück und dann ein Gebäude betritt, in dem gerade eine Party gefeiert wird. Den Mann, den er sucht, seinen Bruder, findet er allein in einem Zimmer, sein Zustand ist nicht der beste, das sieht man. Was er allerdings gleich darauf macht, sorgt für einen veritablen Schock.
Australien hat eine gute Tradition im phantastischen Film, mit einer großen Bandbreite, die von Peter Weirs hypnotischem Arthousehorror „Picknick am Valentinstag“ bis hin zur sogenannten Ozploitation mit Werken wie dem Menschenjagd-Film „Turkey Shoot“ oder den „Mad Max“-Filmen reicht. Hierzulande ist das Land regelmäßig mit neuen Filmen auf dem Fantasy Film Fest vertreten, auch wenn die anschließend eher im Home Entertainment als im Kino wieder auftauchen. Zu denen, die es ins Kino schafften, gehört Jennifer Kents „The Babadook“ (2014). Bei ihm arbeiteten die Regisseure von „Talk to Me“ im Kameradepartment mit.
„Talk to Me“ ist ein sozialkritischer Teenhorrorfilm
Mit ihrem Debüt legen die Zwillingsbrüder Danny und Michael Philippou jetzt einen Film vor, der nicht unbedingt dem entspricht, was man erwartet, wenn man das kennt, womit sie sich bislang auf ihrem eigenen Youtube-Kanal profiliert, eine große Fangemeinde geschaffen und diverse Preise gewonnen haben. Ihr Kanal RackaRacka offeriert Parodien berühmter Filme („Harry Potter v Star Wars”), eher kindisches Zeug, aber gewitzt gemacht.
„Talk to Me“ gehört zur Gattung des Teenhorrorfilms, der sich seit dem Reboot von „Scream“ wieder großer Beliebtheit erfreut. Hier finden seine Protagonisten den Thrill in einem Ritual, dem beliebtesten Partyspiel derzeit: wer die Skulptur einer angeblich verwunschenen Hand eine Zeitlang fest anfasst und die Worte „Talk to Me“ spricht, dem wird ein Geist erscheinen, verbunden mit psychedelischen Visionen und körperlichen Auswirkungen. Die damit verbundene Warnung, den Zeitraum von 90 Sekunden ja nicht zu überschreiten (weil man diesen Geist sonst nicht wieder los wird), lässt ahnen, dass genau das passieren wird – mit fatalen Folgen. Dass der Moment der Besessenheit von den Anwesenden auf ihren Mobiltelefonen festgehalten und in den Social Media weiterverbreitet wird, überrascht nicht.
Protagonistin des Films ist die siebzehnjährige Mia, immer noch belastet vom Tod ihrer Mutter vor zwei Jahren. Trotz der selbstzerstörerischen Wirkung des über die 90 Sekunden ausgedehnten Rituals, dessen Opfer der kleine Bruder von Mias Freundin wird, entwickelt Mia eine Sucht danach, glaubt sie doch, dabei mit dem Geist ihrer Mutter in Verbindung getreten zu sein. Sie wittert die Chance, mehr über deren rätselhaften Tod herauszufinden.
„Du bist dein eigener schlimmster Feind“, bringen die Regisseure die Zeit als Teenager auf den Punkt. Man blickt in den Abgrund und sieht sich selbst. Das ist weit entfernt von dem klassischen Horrorfilm, wo ,das Andere‘ am Ende besiegt und beseitigt war. Insofern dürfte dieser Film – zumal für alle, die selber ihre Hand regelmäßig am Handy und an dessen Kamerafunktion haben – einen entsprechenden Wiedererkennungswert haben.
- Talk to Me Australien 2022; 94 Min.; R: Danny und Michael Philippou; D: Sophie Wilde, Alexandra Jensen, Joe Bird; Kinostart: 27.7.
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