Filmkritik

Maren Kroymann zeigt, wie man anständig alt werden kann

Maren Kroymann zeigt in der Komödie „Enkel für Fortgeschrittene“, wie man gut und anständig (und uncool) alt werden kann. Seit mehr als 50 Jahren lebt und arbeitet die Schauspielerin, Kabarettistin und Sängerin in der Hauptstadt. Ein echtes Berliner Original, findet tipBerlin-Filmkritiker Bert Rebhandl.

Maren Kroymann (rechts) an der Seite von Barbara Sukowa in der Komödie „Enkel für Fortgeschrittene“. Foto: Studiocanal /Claussen+Putz / Wolfgang Ennenbach

„Enkel für Fortgeschrittene“ mit Maren Kroymann zeigt würdevolles Altern

Ein Jahr Auszeit in Neuseeland: Das muss eine Ehe erst einmal verkraften. In der Komödie „Enkel für Fortgeschrittene“ kehrt Karin überraschend drei Wochen früher aus Neuseeland zurück und muss feststellen, dass ihr Mann Harald sich während seines unfreiwilligen Junggesellenjahrs vielleicht ein wenig zu bereitwillig den Kochkünsten einer Nachbarin anvertraut hat. Das Wiedersehen endet in Misstönen, und Karin muss nun erst einmal schauen, was sie mit ihren Leben als gut-situierte Ruheständlerin in Deutschland anfangen will.

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In „Enkel für Fortgeschrittene“ geht es um ein erfülltes Leben für Menschen jenseits der 60. Foto: studiocanal GmbH/ Frank Dicks

„Enkel für Fortgeschrittene“ ist die Fortsetzung von „Enkel für Anfänger“ (2019) – in beiden Fällen geht es um ein erfülltes Leben für Menschen jenseits der 60. Maren Kroymann spielt neuerlich die Karin: „Mir gefällt an der Rolle als erstes, dass die Karin etwas wagt, dass sie weggegangen ist von Zuhause. Und dass sie dann in dieser unrunden Konkurrenzsituation, in der sie sich zu Beginn des zweiten Films vorfindet, Wut kriegt und handelt.“ Wut ist ein gutes Stichwort: „Enkel für Fortgeschrittene“ hat etwas von einer Utopie für eine Gesellschaft, die Wut produktiv macht, die also schlechte Laune nicht in sich hineinfrisst.

Schauspielerin Maren Kroymann ist ein Berliner Original

„Ich nehme die Spannungen in der Gesellschaft vor allem über die Social Media wahr, in die ich mich so langsam einarbeite”, sagt Maren Kroymann. „Da gibt es viele feste Gruppen, die gar nicht mehr miteinander in Kontakt kommen. Ich finde es gut, einfach einen Schritt nach außen zu treten und auf das Ganze wie auf etwas Fremdes zu gucken – auch auf sich selber. Der Film tut das auch mit uns Alten. Sie setzen sich dem aus, dass sie peinliche Sachen machen, sind ja auch tollpatschig und nicht die Coolen.“

Maren Kroymann ist ein Berliner Original. Foto: Imago/Sven Simon

Cool will „Enkel für Fortgeschrittene“ sicher nicht sein. Maren Kroymann sieht sogar etwas Biederes an Karin, das muss aber so sein, so wird Kino umgänglich, „ein Film für die ganze Familie“. Mit ihren Comedy-Formaten und als öffentliche Figur steht Kroymann fest auf der positiven Seite der Welt. In Berlin ist sie seit mehr als 50 Jahren. „Damals war West-Berlin schon in gewisser Weise eine heile Welt. Ich sage nur: Es gab einen Senatswettbewerb für Rockmusik. Man konnte relativ gemütlich zwischen den Stühlen sitzen und daraus sogar mit etwas Glück einen Beruf machen. Dafür war dieses West-Berlin super. Jetzt ist die Stadt viel internationaler, gentrifizierter, erfolgsgeiler auf allen Ebenen, teurer und deutlich kapitalistischer.“ Geld soll auch „Enkel für Fortgeschrittene“ machen, aber zur Erfolgsgeilheit hält der Film eine angenehme Distanz.

  • Enkel für Fortgeschrittene D 2023; 110 Min.; R: Wolfgang Groos; D: Maren Kroymann, Heiner Lauterbach, Barbara Sukowa; Kinostart: 7.9

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