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Berlin verstehen

Berlin 1984 in Bildern: Diepgen, Autonome und Breakdance auf dem Breitscheidplatz

Berlin im George-Orwell-Jahr 1984: in der geteilten Stadt treten Kids im Westen die Hip-Hop-Kultur los und am 1. Mai wüten die linksradikalen Autonomen, im Osten legen DFD-Frauen Kränze am Sowjetischen Ehrenmal in Treptow ab, und in Prenzlauer Berg fällt der Putz von den Fassaden. Zudem beginnt mit dem frisch gewählten Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen eine neue politische Ära. Hier blicken wir auf Berlin im Jahr 1984 zurück.


Alltag am Checkpoint Charlie

Grenzübergang Checkpoint Charlie im Sommer 1984. Foto: Imago/Gerhard Leber
Grenzübergang Checkpoint Charlie im Sommer 1984. Foto: Imago/Gerhard Leber

Der weltberühmte Grenzübergang Checkpoint Charlie verband im geteilten Berlin den sowjetischen mit dem US-amerikanischen Sektor. Nur hier konnten Militärangehörige, Diplomaten und sonstige Funktionäre der BRD die Grenze passieren, ohne einer Kontrolle durch DDR-Soldaten ausgesetzt zu sein. Für West-Berliner, die Ostdeutschland besuchen wollten, war der Grenzübergang nicht zuständig.  


Die Mauer in West-Berlin

Spontane Installation an der Mauer auf West-Berliner Seite. Foto: Imago/Ilse Ruppert/Photo12
Spontane Installation an der Mauer auf West-Berliner Seite. Foto: Imago/Ilse Ruppert/Photo12

Das Leben im Schatten der Berliner Mauer war in den 1980er-Jahren in Kreuzberg schlicht Alltag. Die Leere und Ruhe, die Normalität neben einer absurden Grenze wirken heute unvorstellbar. Künstler nutzten den „antifaschistischen Schutzwall“ als Leinwand aus, es gab kuriose Interventionen, wie diese Installation mit Tapete, Sessel und Nierentisch und überhaupt prägte die Mauer das Lebensgefühl der West-Berliner.


Demonstration am Sowjetischen Ehrenmal in Treptow

Kranzniederlegung anlässlich einer Demonstration des Demokratischen Frauenbundes Deutschlands (DFD) auf dem Gelände des Sowjetischen Ehrenmals in Treptow, 11. März 1984. Foto: Imago/Stana
Kranzniederlegung anlässlich einer Demonstration des Demokratischen Frauenbundes Deutschlands (DFD) auf dem Gelände des Sowjetischen Ehrenmals in Treptow, 11. März 1984. Foto: Imago/Stana

Seit der Eröffnung des Sowjetischen Ehrenmals in Treptow war das Gelände vor allem Schauplatz von symbolträchtigen Feierlichkeiten, die die Rote Armee und den Sozialismus ehrten. Wie hier bei der Demonstration des Demokratischen Frauenbundes. Doch schon zu DDR-Zeiten kam es zu Anschlägen auf das Denkmal, die Rechtsradikalen zugerechnet wurden.


Breakdancer auf dem Breitscheidplatz

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Rund um die Gedächtniskirche macht sich die Hip-Hop-Revolution bemerkbar. Foto: Imago/Jürgen Ritter
Rund um die Gedächtniskirche macht sich die Hip-Hop-Revolution bemerkbar. Foto: Imago/Jürgen Ritter

Breakdance gehört neben DJing, MCing und Graffiti zu den vier elementaren Säulen der Hip-Hop-Bewegung und war von Anfang an ein wichtiger Bestandteil der Subkultur. Den Weg nach Berlin fand Hip-Hop in den 1980er-Jahren. Zum einen prägten Filme wie Style Wars“ (1983), Wild Style“ (1983) und Beat Street“ (1984) die Kids, und außerdem brachten die in der Stadt stationierten US-Soldaten Hip-Hop-Platten mit und spielten die Musik bei Partys. Auf dem Breitscheidplatz zeigten die Berliner Breakdancer ihr Können.


Kriegsverbrechergefängnis in Spandau

Architekt Wolf Rüdiger Hess (Sohn von Rudolf Hess) vor dem Kriegsverbrechergefängnis in Spandau, März 1984. Foto: Imago/Rolf Hayo
Architekt Wolf Rüdiger Heß (Sohn von Rudolf Heß) vor dem Kriegsverbrechergefängnis in Spandau, März 1984. Foto: Imago/Rolf Hayo

Nach dem Krieg übernahmen die Alliierten das Gefängnis und brachten dort sieben hochrangige in Nürnberg verurteilte Kriegsverbrecher unter, unter ihnen waren Hitlers Architekt Albert Speer, der NSDAP-Reichsjugendführer Baldur von Schirach und Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß, der ab 1966 der einzige Häftling im Kriegsverbrechergefängnis in Spandau war. Nach dessen Tod im August 1987 wurde das Gebäude abgerissen. Das Foto zeigt den Sohn von Rudolf Heß vor dem Kriegsverbrechergefängnis in Spandau im Jahr 1984.


Ausschreitungen am 1. Mai

Autonome randalieren in West-Berlin, 1. Mai 1984. Foto: Imago/Sven Simon
Autonome randalieren in West-Berlin, 1. Mai 1984. Foto: Imago/Sven Simon

Der 1. Mai in Berlin hat eine wechselvolle Geschichte, und in den 1980er-Jahren wurde ein neues und gewaltvolles Kapitel der Feierlichkeiten zum Tag der Arbeit fortgeschrieben. Anfangs in Schöneberg und Tiergarten und später vor allem in Kreuzberg organisierten sich linksradikale Gruppierungen und riefen den „Revolutionären 1. Mai“ aus. Die Demos endeten in Straßenschlachten mit der Polizei, Autos und Mülltonnen brannten, Steine flogen. So auch am 1. Mai 1984.


Palast der Republik

Das Zentrum der DDR-Macht: Palast der Republik, Mai 1984. Foto: Imago/Gueffroy
Das Zentrum der DDR-Macht: Palast der Republik, Mai 1984. Foto: Imago/Gueffroy

Der Palast der Republik, der auf dem Platz des alten Berliner Stadtschlosses stand, ist vermutlich das berühmteste Gebäude in Berlin, das verschwunden ist. Der Prunkbau der DDR fungierte ab 1976 als Sitz der Volkskammer. Wegen der opulenten Innenbeleuchtung bekam er im Volksmund den Beinamen „Erichs Lampenladen“. Neben der politischen Funktion fanden hier auch Feierlichkeiten und Konzerte statt. Ost-Bands wie Puhdys und Karat gastierten, aber auch Udo Lindenberg spielte vor DDR-Publikum.


Ruinen in der Stadt – Anhalter Bahnhof

Berlin Ruine des Portikus vom ehemaligen Anhalter Bahnhof an der Ecke Schöneberger und Stresemannstraße. Foto: Imago/Erich Andres/United Archives
Ruine des Portikus vom ehemaligen Anhalter Bahnhof an der Ecke Schöneberger und Stresemannstraße. Foto: Imago/Erich Andres/United Archives

Zum Kriegsende wurde der Anhalter Bahnhof bei der Schlacht um Berlin zerstört und gehört eindeutig in die Liste der verschwundenen Bahnhöfe in Berlin. Nach der Teilung der Stadt fand man keine Nutzung für die Ruine an der Sektorengrenze und gab den Standort auf. Nur die S-Bahn blieb, an die alte Pracht erinnert bis heute ein Überbleibsel des Bahnhofsportikus. In den 1980er-Jahren glich das Areal einer apokalyptischen Einöde.


Verschwunden: Der alte Friedrichstadt-Palast

Im August 1984 war er noch da, der alte Friedrichstadt-Palast in Ost-Berlin. Foto: Imago/Jürgen Ritter
Im August 1984 war er noch da, der alte Friedrichstadt-Palast in Ost-Berlin. Foto: Imago/Jürgen Ritter

Der modernistische Bau des alten Friedrichstadt-Palastes stammte von keinem Geringerem als der Berliner Architekturlegende Hans Poelzig. 1919 wurde das expressive Gebäude unter dem Namen Großes Schauspielhaus eröffnet. Die Nazis funktionierten das Haus zum „Theater des Volkes“ um, und nach dem Krieg bekam es den heutigen Namen: Friedrichstadt-Palast. Bis 1980 gehörte es zu den größten und erfolgreichsten Theatern der DDR. Anfang der 1980er-Jahre folgte die Schließung und 1985 der endgültige Abriss. Der neue Friedrichstadt-Palast wurde nicht weit vom alten Standort, an der heutigen Adresse Friedrichstraße 107, am 27. April 1984 eröffnet. Der Friedrichstadt-Palast: Seine bewegte Geschichte in Bildern.


Berlin-Marathon 1984

Teilnehmerfeld des Berlin Marathons 1984 kurz nach dem Start vor dem Reichstagsgebäude, 23. September 1984. Foto: Imago/Günter Schneide
Teilnehmerfeld des Berlin-Marathons 1984 kurz nach dem Start vor dem Reichstagsgebäude, 23. September 1984. Foto: Imago/Günter Schneide

Der Berlin-Marathon gehört zu den wichtigsten Sport-Events des Jahres. Seit 1974 findet der Wettkampf jährlich statt. Heute gehört er zu den weltweit größten, renommiertesten und vor allem schnellsten Veranstaltungen dieser Art. Seit 2003 wurden hier acht Weltrekorde der Männer aufgestellt, zuletzt 2022 von Eliud Kipchoge, der die Strecke von 42,195 Kilometern in 2:01:09 Stunden zurücklegte. 1984, dem Jahr als die Berliner Läufer am Reichstag starteten, lag der (inoffizielle) Weltrekord übrigens bei 2:08:05 Stunden.


Marode Fassaden in Prenzlauer Berg

Öffentliches Telefon an einer Häuserecke in Prenzlauer Berg, Juli 1984. Foto: Imago/NBL Bildarchiv
Öffentliches Telefon an einer Häuserecke in Prenzlauer Berg, Juli 1984. Foto: Imago/NBL Bildarchiv

Heute ist Prenzlauer Berg vor allem als Paradebeispiel der Gentrifizierung bekannt. Überall Muttis mit Kinderwagen, überall Schwaben, überall Touristen. Bis zur Wende war die Gegend ein beschaulicher und ziemlich sanierungsbedürftiger Berliner Stadtteil, in dem sich die Ost-Berliner Boheme, Studenten und alteingesessene Berliner wohlfühlten. So sah Prenzlauer Berg in den 1980er-Jahren aus.


Eberhard Diepgen vor dem Brandenburger Tor

Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) an der Berliner Mauer, Oktober 1984. Foto: Imago/Sven Simon
Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) an der Berliner Mauer, Oktober 1984. Foto: Imago/Sven Simon

Eberhard Diepgen prägte Berlin vor und nach der Wende. In West-Berlin war er in den Jahren 1984 bis 1989 Regierender Bürgermeister. Damals übernahm der CDU-Politiker das Amt von seinem prominenten Parteikollegen Richard von Weizsäcker, der daraufhin Bundespräsident werden sollte. Diepgens erste Amtszeit war von einer Spendenaffäre überschattet, die CDU verlor bei den Abgeordnetenhauswahlen im Januar 1989 knapp neun Prozent, und so gewann Walter Momper von der SPD, zog ins Schöneberger Rathaus ein und wurde wenige Monate später der Berliner Bürgermeister des Mauerfalls.


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So sah es zehn Jahre zuvor in der Stadt so aus: Berlin 1974 in Bildern: Seifenkisten, Palast der Republik und ein neuer Flughafen und hier geht es nach Berlin 1964 in Bildern: Panzer, Kamele und ein Besuch von Martin Luther King und noch einmal zehn Jahre zuvor: Berlin 1954 in Bildern – Märsche, Jazz im Sportpalast und die Zukunft der Gedächtniskirche. Und hier spüren wir legendären Berliner Bühnen nach: Theater und Opernhäuser, die es nicht mehr gibt. Auch sehenswert: Diese Fotogalerie mit Bildern vom Kriegsende zeigt 1945 und die Gegenwart – das zerstörte Berlin im Vergleich mit dem modernen Berlin. Mehr zur Geschichte Berlins lest ihr in dieser Rubrik.

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