Von all jenen Fotografen, die vor dem Zweiten Weltkrieg in Berlin lebten, war er wohl einer der solidesten: Max Missmann (1874–1945). Der Sohn eines Uhrmachers setzte die handwerkliche Präzision des Vaters im Medium der Fotografie um. Ab 1903 startete er von seinem Kreuzberger Studio aus eine Karriere als Landschafts- und Industriefotograf.
Besonders sehenswert sind heute vor allem Max Missmanns Aufnahmen von Berlin. Knapp vier Jahrzehnte lang dokumentierte Missmann den Wandel der Metropole. Immer wieder zog es ihn an die prominenten Orte, zum Potsdamer- und Alexanderplatz, an den Ku’damm, aber auch zum Grunewaldturm und nach Wedding. Hier zeigen wir 12 historische Fotos von Berlin.
Alexanderplatz
Der Alexanderplatz war niemals so glanzvoll wie der Potsdamer Platz, ihm fehlte die mondäne Eleganz des Kurfürstendamms oder die kulturbeflissene Stimmung der Friedrichstraße. Auch als Symbol für Preußens Macht konnte er nicht herhalten. Er war groß, unübersichtlich, hektisch, nicht unbedingt schön und behaglich, eher ein sozialer Brennpunkt. Der von den Berlinern liebevoll „Alex“ genannte Ort war schon immer eine Schaltzentrale und ist heute der meistbesuchte Platz der Stadt.
Karstadt Hermannplatz
Die Eröffnung im Jahr 1929 war ein Spektakel, das mit innovativer Technik wie Rolltreppen und Liften sowie einer Dachterrasse ausgestattete Gebäude überwältigte die Berliner und zog auch Touristenmassen an. Karstadt am Hermannplatz galt in den Goldenen 1920er-Jahren als das modernste Kaufhaus Europas. Ganz anders als die altehrwürdigen Kaufhäuser in Berlin, die eher Palästen ähnelten, richtete sich hier der Blick in die Zukunft der Konsumgesellschaft – made in the USA.
Bahnhof Zoologischer Garten
Der geschichtsträchtige Bahnhof Zoologischer Garten bestand bereits während des Deutschen Kaiserreichs. 1882 erbaut, diente er den Besuchern des Zoologischen Gartens als gut erreichbarer Bahnhof und wurde somit als Station in die Strecke der Berliner Stadteisenbahn integriert.
Die historische Trassierung verlief entlang von gemauerten Viaduktbögen, auf denen die Hocheisenbahn fuhr. Das Bahnhofsgebäude wies zu seiner Entstehungszeit noch eine klassizistische, gemauerte Fassade mit kleinen Türmen auf.
Oberbaumbrücke
Zur Oberbaumbrücke hatte es Max Missmann nicht weit, sein Atelier befand sich schließlich lange am Görlitzer Bahnhof. Und so zog es ihn zu dem soliden Bau im neugotischen Stil. Die Türme, die den mittleren Brückenbogen flankieren, sollten an die Geschichte der Brücke als Zollstelle auf dem Wasser erinnern.
Entlang der Türme fuhr oben ab 1902 die erste U-Bahn-Linie Berlins, die heutige U1. Unterhalb davon befindet sich für die Fußgänger ein Kreuzgang, der den Gängen in mittelalterlichen Klöstern nachempfunden ist. Mehr zu U-Bahnlinien und dem Nahverkehr in Berlin lest ihr hier.
Wittenbergplatz
Der U-Bahnhof Wittenbergplatz ist ein Juwel des Berliner U-Bahnbaus. Der Hausarchitekt der Berliner Hoch- und U-Bahn von 1899 bis 1931, Alfred Grenander, hat ihn entworfen. Wer vom Wittenbergplatz aus U1, U2 oder U3 fahren will, betritt eine kreuzförmige Eingangshalle mit neoklassizistischen Formen und quadratischem Turmaufsatz. Die Halle dient auch als Übergang zwischen den fünf Gleisen auf drei Bahnsteigen – eigentlich sollten es sechs werden, doch der sechste wurde nie gebaut. Außen ist der Stahlfachwerkbau mit Muschelkalkplatten verkleidet.
Potsdamer Platz
Nach dem Ersten Weltkrieg verwandelte sich der Potsdamer Platz in einen urbanen Moloch. Die Busse und Straßenbahnen, Fußgänger, der immer mehr werdende Autoverkehr. Die Leute stiegen hier um, gingen einkaufen oder amüsierten sich in den Gaststätten und Varietés.
Ernst Ludwig Kirchner widmete dem Platz eines seiner berühmtesten Gemälde. Prostitution war allgegenwärtig, genauso wie die Kriminalität. Die Künstler trafen sich im Café Josty, das Aschinger-Großrestaurant bot Platz für 4000 Gäste, und der Architekt Erich Mendelsohn baute 1932 das Columbushaus an den Platz. Mehr über moderne Architekten in Berlin lest ihr hier.
Max Missmann dokumentierte den U-Bahnbau am Alexanderplatz
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1911 war die Stadt im Aufbruch, noch zu Zeiten des deutschen Kaisers baute man in Berlin das U-Bahnnetz aus. Max Missmann dokumentierte immer wieder die Arbeiten. Das Foto zeigt die Großbaustelle am Alexanderplatz. Am Alexanderplatz treffen sich heute S-Bahnen sowie die U2, U8 und U5, für die bis Ende 2020 hier Endstation war.
Weidendammer Brücke
Interessant an Missmanns Aufnahme der berühmten Weidendammer Brücke, die in Mitte die Spree quert und einen Teil der Friedrichstraße darstellt, ist die direkt dahinter errichtete Behelfsbrücke, die es schon lange nicht mehr gibt. An der Friedrichstraße kam man als Berliner Fotograf natürlich nicht vorbei. Viele große Hotels, Restaurants, Modegeschäfte und Künstleretablissements residierten an der vornehmen Adresse, in der es ein stetiges Kommen und Gehen gab. Die Kreuzung Friedrichstraße und Unter den Linden gehörte neben dem Potsdamer Platz zu den belebtesten Verkehrsknotenpunkten überhaupt.
Grunewaldturm
Franz Schwechten, ein hervorragender Architekt des deutschen Historismus, wurde Ende des 19. Jahrhunderts damit beauftragt, ein Denkmal anlässlich des 100. Geburtstages von Kaiser Wilhelm I. zu entwerfen. So entstand der an die Gotik angelehnte Backsteinbau mitten im Grunewald.
1899 feierlich eröffnet und 55 Meter hoch, bietet der auf einer Anhöhe gelegene Bau von der Aussichtsplattform aus einen wunderbaren Ausblick über Wälder und Seen. Das Restaurant und der Biergarten sind vor allem im Sommer einen Ausflug wert, schon allein wegen der wunderbaren Sonnenuntergänge.
Eingang zum Rudolf-Virchow-Krankenhaus
Auch an dieser Aufnahme vom Rudolf-Virchow-Krankenhaus kann man Max Missmanns Vorliebe für die präzise Architekturfotografie sehen. Ihn interessierte das gewaltige Gebäude, die strenge Linie, die Straße und Fassaden zeichnen. Dennoch zeigt das Foto zugleich auch sein Interesse an nahezu allen Gegenden der Stadt, vom Grunewald bis Tegel und von Kreuzberg bis Pankow, den Mann mit der Kamera trieb es überall hin.
Städtischer Zentral-Vieh- und Schlachthof
Wie der Name Zentralvieh- und Schlachthof nahelegt, erfüllte das Areal zwischen Friedrichshain und Lichtenberg zwei Funktionen. Zum einen wurde es das Zentrum des Viehhandels in der Region, zum anderen ein riesiges Schlachthaus für Rinder, Hammel, Schweine und Kälber.
Viehhandel und Fleischverarbeitung hatten somit einen zentralen Ort in Berlin. Die moderne Anlage war in jener Zeit einmalig, sowohl in Deutschland wie auch im europäischen Vergleich. Die Besonderheit war neben der Größe des Areals, der technischen Ausstattung und der ausgeklügelten Logistik eben auch die Architektur.
Zeppelin auf dem Schießplatz in Tegel
Dort, wo im Herbst 2020 der Flughafen Tegel geschlossen wurde, landeten vor gut 100 Jahre schon die gewaltigen Zeppeline. Damit ist Tegel seit jeher der Luftfahrt verschrieben, und auch Max Missmann zog es immer wieder in den Norden zu den Zeppelinen am Schießplatz Tegel.
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