Berlin verstehen

Berlin 2004 in Bildern: Billige Wohnungen, Autobahn und das MoMA

2004 wurde in Berlin gebaut, was das Zeug hielt. Der Hauptbahnhof stand kurz vor der Eröffnung, die neue ICE-Verbindung nach Hamburg wurde eingeweiht, und im Tierpark gab es zwei süße Jaguar-Babys zu bestaunen. Nie waren die Wohnungen in der Stadt so billig, doch Berlin verkaufte unter dem Motto „Sparen, bis es quietscht“ kommunale Immobilien zu Schleuderpreisen. Zudem sorgte die Kunst in jenem Jahr für Furore, allen voran die Blockbuster-Ausstellung „MoMA in Berlin“ mit Werken der klassischen Moderne aus New York. Hier blicken wir in 12 Fotos auf Berlin im Jahr 2004 zurück.


Berlin ist 2004 immer noch Großbaustelle

Ein Hauptbahnhof wird gebaut. Großbaustelle am Lehrter Bahnhof in Berlin, 2004. Foto: Imago/Ralph Peters
Ein Hauptbahnhof wird gebaut. Großbaustelle am Lehrter Bahnhof in Berlin, 2004. Foto: Imago/Ralph Peters

Ein neues Stück Berlin entstand um 2004, zwischen Reichstag, Tiergarten und Moabit wuchs das Regierungsviertel aus dem Boden. Die modernen Gebäude sind seitdem die Machtzentrale des Landes, und aus dem verschlafenen S-Bahnhof Lehrter Straße wurde der Hauptbahnhof, Berlins größter und wichtigster Verkehrsknotenpunkt der Bahn.


Verheerende Wohnungspolitik in Berlin

2004 waren die Wohnungen in Berlin billig, doch der Senat reagierte mit wegweisenden Entscheidungen, die die Situation auf dem Wohnungsmarkt zukünftig verschärfen sollten. Foto: Imago/Müller-Stauffenberg
2004 waren die Wohnungen in Berlin billig, doch der Senat reagierte mit wegweisenden Entscheidungen, die die Situation auf dem Wohnungsmarkt zukünftig verschärfen sollten. Foto: Imago/Müller-Stauffenberg

Wer 2004 eine Wohnung suchte, hatte es in der Regel nicht schwer. Es gab mehr Wohnungen als Interessenten. Heute kaum vorstellbar, aber man konnte bei Hausverwaltungen anrufen und bekam mehrere Schlüssel ausgehändigt, konnte die freien Wohnungen besichtigen und selbst entscheiden, welche man nimmt. Heute zählt so etwas zu den Berlin-Erfahrungen, die Zugezogene nicht mehr machen können. Der Senat verkaufte in dieser Zeit massenhaft stadteigene Immobilien, um die miserable Haushaltslage Berlins zu verbessern. Eine kurzsichtige Entscheidung von Wowereit, Sarrazin & Co.


Wasserschlacht an der Oberbaumbrücke

Friedrichshain oder Kreuzberg, wer gewinnt die Vorherrschaft im Bezirk? Foto: Imago/Sabine Gudath
Friedrichshain oder Kreuzberg, wer gewinnt die Vorherrschaft? Foto: Imago/Sabine Gudath

Nach der Bezirksfusion wuchsen Friedrichshain und Kreuzberg zu einem Ost-West-Doppelbezirk zusammen. Die alte Heimat der linken Szene rieb sich immerzu an dem jugendlichen Partystadtteil. Doch der Zwist wurde mit viel Humor und einer Menge Wasser, Obst, Gemüse sowie schrägen Kampffahrzeugen und schrillen Kostümen ausgetragen – bei der alljährlichen Wasserschlacht auf der Oberbaumbrücke.


Nachwuchs im Tierpark

Jaguar-Zwillinge, das Männchen ist gefleckt und das Weibchen ist schwarz. Foto: Imago/Olaf Wagner
Jaguar-Zwillinge, das Männchen ist gefleckt und das Weibchen ist schwarz. Foto: Imago/Olaf Wagner

Von Knut war 2004 noch keine Rede, denn in jenem Jahr sorgte nicht ein putziger Eisbär für Schlagzeilen sondern ein Jaguar-Baby-Pärchen. Die jungen Tiere wurden im Tierpark Berlin geboren und sahen recht unterschiedlich aus. Ein fleckiger Junge und ein schwarzes Mädchen. Süß waren sie beide. Das sind berühmte Berliner Zoo-Tiere, die wir nie vergessen werden.


Streit um die Mohrenstraße

Straßenschild an der Mohrenstraße wird illegal mit dem Namen der Schriftstellerin May Ayim überklebt. Foto: Imago/PEMAX
Straßenschild an der Mohrenstraße wird illegal mit dem Namen der Schriftstellerin May Ayim überklebt. Foto: Imago/PEMAX

Der Streit um das koloniale Erbe von Berliner Straßennamen reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Schon damals überklebten Aktivisten die umstrittene „Mohrenstraße“ mit einem neuen Namen: „May-Ayim-Straße“. Diese Umbenennung blieb nicht bestehen, doch die afrodeutsche Dichterin und Feministin wurde 2009 in Kreuzberg mit einer eigenen Straße (bzw. einem Ufer) geehrt.


Ausbau der Autobahn geht in Berlin 2004 voran

Neues Teilstück der Stadtautobahn A100 in Neukölln wenige Wochen vor der Eröffnung. Foto: Imago/Götz Schleser
Neues Teilstück der Stadtautobahn A100 in Neukölln wenige Wochen vor der Eröffnung. Foto: Imago/Götz Schleser

2024 streiten sich Anwohner, Kleingärtner und die Clubszene mit der Politik um die Verlängerung der A100 nach Treptow und irgendwann einmal wohl auch nach Friedrichshain. 20 Jahre zuvor, im Jahr 2004, wurde die A100 bis nach Neukölln weitergebaut. Hier erzählen wir vom besonderen Verhältnis von Berlin und der Autobahn – es ist die Geschichte des urbanen Schnellverkehrs.


MoMA in Berlin: 2004 ist die Stadt im Kunstrausch

Lange Schlangen vor der Neuen Nationalgalerie während der MoMA-Ausstellung, August 2004. Copyright: Imago/Schöning
Lange Schlangen vor der Neuen Nationalgalerie während der MoMA-Ausstellung, August 2004. Copyright: Imago/Schöning

2004 bildeten sich vor der Neuen Nationalgalerie gewaltige Menschenschlangen, die Stimmung glich einem Rockkonzert. Grund dafür waren Meisterwerke der Moderne aus New York. Das Museum of Modern Art (MoMA) verschickte Bilder von Kunstsuperstars wie Pablo Picasso, Jackson Pollock, Henri Matisse und Roy Liechtenstein nach Deutschland, und alle, wirklich alle wollten die Blockbuster-Ausstellung „MoMA in Berlin“ sehen. Warten und Schlange stehen gab es auch anderswo in Berlin: Anstehen in Berlin: Berühmte Warteschlangen von BER bis Bornholmer Straße.


Eröffnung der Berlinischen Galerie

Großer Besucherandrang. Die Berlinische Galerie wird im Oktober 2004 eröffnet. Foto: Imago/frederic
Großer Besucherandrang – die Berlinische Galerie wird im Oktober 2004 eröffnet. Foto: Imago/frederic

Offiziell ist die Berlinische Galerie ein Landesmuseum, es wurde bereits 1965 gegründet und sammelt seitdem in Berlin entstandene Werke aus den Bereichen Moderne Kunst, Fotografie und Architektur. Eine Weile nutzte man für das Archiv und Ausstellungen Räumlichkeiten im Martin-Gropius-Bau. Doch lange hatte die Institution kein eigenes Domizil. Dies änderte sich 2004, als am 22. Oktober das neue Gebäude in der Alten Jakobstraße in Kreuzberg eröffnet wurde – seitdem einer der wichtigsten Orte für Kunst in Berlin.


Einstürzende Neubauten spielen im Palast der Republik

Baukletterer montieren das Logo der Einstürzenden Neubauten an der Fassade des Palasts der Republik. Foto: Imago/PEMAX
Baukletterer montieren das Logo der Einstürzenden Neubauten an der Fassade des Palasts der Republik. Foto: Imago/PEMAX

Als die Berliner Industrial-Krach-Avant-Rock-Formation Einstürzende Neubauten 2004 im entkernten Palast der Republik zwei heute schon legendäre Konzerte spielte, schloss sich in gewisser Weise ein Kreis. Musikalische Dekonstruktion traf hier auf die Überbleibsel einer symbolisch aufgeladenen Architektur der Macht, die dem Abriss geweiht war. Der Palast der Republik ist eines der berühmtesten Berliner Gebäude, die es nicht mehr gibt. Heute steht an der Stelle ein ebenso aufgeladenes Symbol, diesmal aber des alten preußischen Prunks, das neue Stadtschloss.


Bauernproteste in Berlin

MIt Kuh statt Traktor,, Bauernproteste in Berlin im Herbst 2004. Foto: Imago/PEMAX
MIt Kuh statt Traktor,, Bauernproteste in Berlin im Herbst 2004. Foto: Imago/PEMAX

Bauern demonstrieren mit widerwilliger Unterstützung ihrer Milchkühe in Berlin gegen Milchpreisverfall und Betriebsschließungen, so war das 2004. Und 2024 fahren Bauern mit Traktoren durch die Hauptstadt. Mit irgendetwas sind die deutschen Landwirte scheinbar immer unzufrieden.


Markante Worte von Heinz Buschkowsky

Der Neuköllner Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) zu Gast in der ZDF-Talkshow "Berlin Mitte", November 2004. Foto: Imago/Müller-Stauffenberg
Der Neuköllner Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) zu Gast in der ZDF-Talkshow „Berlin Mitte“, November 2004. Foto: Imago/Müller-Stauffenberg

„Multikulti ist gescheitert“, dieser kurze Satz brachte den kernigen Neuköllner Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky bundesweit in die Schlagzeilen und die Talkshows. Die herbe Kritik an der Integrationspolitik machte den SPD-Politiker zum Mann der klaren Kante. Der Eklat um die katastrophalen Zustände an der Neuköllner Rütli-Schule folgte übrigens erst 2006, Buschkowsky war damit 2004 der Zeit voraus.


Schnellstrecke Hamburg-Berlin

Klaus Wowereit begrüßt den ICE aus Hamburg, 12. Dezember 2004. Foto: Imago/Olaf Wagner
Klaus Wowereit begrüßt den ICE aus Hamburg, 12. Dezember 2004. Foto: Imago/Olaf Wagner

Bis zum 12. Dezember 2004 dauerte eine einfache Fahrt von Hamburg nach Berlin etwa 140 Minuten. Mit dem Ausbau der schnellen ICE-Verbindung verkürzte sich die Reisezeit um fast 50 Minuten! So begrüßte der damalige Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit den ersten ICE, der gerade einmal 90 Minuten von der Hanse- in die Hauptstadt benötigte. Aus unerfindlichen Gründen braucht die Bahn seit 2019 aber wieder etwa 110 Minuten für diese Strecke.


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